1. Einleitung
Der Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Während Unternehmen früher aus einer Vielzahl an Bewerbern auswählen konnten, ist es heute deutlich schwieriger, qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen. Viele Unternehmen setzen weiterhin auf klassische Stellenanzeigen und warten darauf, dass sich geeignete Kandidaten von selbst melden. Doch diese Strategie greift zunehmend zu kurz.
Ein entscheidender Faktor, der oft übersehen wird, ist die Unterscheidung zwischen aktiven und passiven Kandidaten. Während aktive Bewerber gezielt nach einer neuen Stelle suchen und sich aktiv bewerben, stellt die Gruppe der passiven Kandidaten ein weit größeres Potenzial dar: Sie befinden sich zwar in einer festen Anstellung, wären aber offen für neue berufliche Möglichkeiten – wenn sie gezielt angesprochen werden.
In diesem Artikel beleuchten wir die Unterschiede zwischen aktiven und passiven Kandidaten, zeigen auf, warum passive Talente oft die attraktivere Wahl sind und wie Unternehmen ihre Recruiting-Strategie anpassen können, um auch diese Zielgruppe effektiv zu erreichen.
2. Aktive vs. passive Kandidaten – Definition und Unterschiede
Ein erfolgreiches Recruiting beginnt mit einem grundlegenden Verständnis der verschiedenen Bewerbergruppen. Unternehmen konzentrieren sich oft ausschließlich auf aktive Kandidaten, doch der weitaus größere Talentpool besteht aus passiven Kandidaten. Doch worin genau liegt der Unterschied?
Aktive Kandidaten
Aktive Kandidaten sind aktiv auf Jobsuche und nutzen gezielt Karriereseiten, Jobportale und Stellenanzeigen. Sie:
- Bewerben sich proaktiv auf offene Stellen.
- Nutzen Plattformen wie LinkedIn, Xing oder Jobbörsen.
- Sind offen für Gespräche mit Recruitern und Personalvermittlern.
- Sind häufig schneller verfügbar, da sie bereits eine Wechselmotivation haben.
Allerdings beträgt der Anteil der aktiv suchenden Fachkräfte nur rund 20 % – ein vergleichsweise kleiner Teil des gesamten Talentmarktes.
Passive Kandidaten
Passive Kandidaten hingegen suchen nicht aktiv nach einer neuen Stelle, stehen aber grundsätzlich Veränderungen offen gegenüber, wenn sich die richtige Gelegenheit bietet. Diese Gruppe:
- Ist in einer festen Anstellung und beruflich etabliert.
- Hat oft wertvolle Erfahrung und Fachwissen.
- Betrachtet Stellenanzeigen nicht aktiv und bewirbt sich selten von selbst.
- Reagiert nur auf gezielte und überzeugende Ansprachen.
Der entscheidende Unterschied: Während sich Unternehmen um eine kleine Anzahl aktiver Bewerber konkurrieren, bleiben 70 % der potenziellen Fachkräfte unerreicht, wenn keine gezielte Ansprache stattfindet. Um diese Talente zu gewinnen, braucht es eine andere Recruiting-Strategie – klassische Stellenanzeigen reichen nicht aus.
3. Das Problem mit klassischem Recruiting
Viele Unternehmen setzen im Recruiting nach wie vor auf klassische Methoden: Sie veröffentlichen Stellenanzeigen auf Jobportalen, warten auf Bewerbungen und hoffen, dass sich der ideale Kandidat von selbst meldet. Doch diese Strategie hat einen entscheidenden Haken: Sie erreicht fast ausschließlich aktive Bewerber – und das sind nur 20 % aller qualifizierten Fachkräfte.
Warum klassische Methoden an ihre Grenzen stoßen
- Hohe Konkurrenz um wenige Kandidaten
Da nur ein kleiner Teil der Fachkräfte aktiv auf Jobsuche ist, konkurrieren Unternehmen stark um diese begrenzte Gruppe. Besonders in gefragten Berufsgruppen führt dies dazu, dass attraktive Bewerber mehrere Angebote erhalten und Arbeitgeber unter hohem Druck stehen, schnell zu reagieren. - Passive Kandidaten bleiben unberührt
Die große Mehrheit der Talente – die 70 % passiven Kandidaten – sieht diese Stellenanzeigen gar nicht. Sie suchen nicht aktiv nach einer neuen Position und scrollen nicht durch Jobbörsen. Dadurch bleiben sie für Unternehmen unsichtbar, obwohl sie möglicherweise an einer neuen Herausforderung interessiert wären. - Warten statt aktiv gewinnen
Unternehmen, die ausschließlich auf Bewerbungen warten, überlassen den Erfolg dem Zufall. Statt gezielt die besten Talente für eine Position zu identifizieren und anzusprechen, sind sie darauf angewiesen, dass sich die passenden Kandidaten aus eigenem Antrieb melden – was in vielen Fällen nicht passiert.
Die Folge: Offene Stellen bleiben länger unbesetzt, der Wettbewerb um Fachkräfte nimmt zu und Unternehmen lassen wertvolles Potenzial ungenutzt. Eine erfolgreiche Recruiting-Strategie muss daher über klassische Stellenanzeigen hinausgehen und gezielt auch passive Kandidaten ansprechen.
4. Warum passive Kandidaten oft die bessere Wahl sind
Unternehmen, die sich ausschließlich auf aktive Bewerber konzentrieren, übersehen ein enormes Potenzial. Passive Kandidaten – also Fachkräfte, die nicht aktiv auf Jobsuche sind, aber offen für neue Chancen – bringen oft entscheidende Vorteile mit sich.
1. Höhere Qualifikation und Erfahrung
Passive Kandidaten sind in der Regel gut in ihre aktuellen Positionen integriert und verfügen über wertvolle Berufserfahrung. Sie haben sich in ihrem Job bewiesen und bringen oft genau die Fähigkeiten mit, die Unternehmen suchen.
2. Höhere Loyalität und langfristige Bindung
Während aktive Bewerber oft mehrere Bewerbungsprozesse parallel durchlaufen, wechseln passive Kandidaten nur dann, wenn sie von einem Angebot wirklich überzeugt sind. Dadurch sind sie weniger wechselbereit und bleiben oft länger im Unternehmen.
3. Geringere Konkurrenz und bessere Verhandlungsposition
Da passive Kandidaten nicht aktiv nach einer neuen Stelle suchen, stehen sie nicht gleichzeitig mit mehreren Unternehmen in Verhandlungen. Das bedeutet: Weniger Konkurrenz für Arbeitgeber und eine höhere Wahrscheinlichkeit, die besten Talente für sich zu gewinnen.
4. Bessere kulturelle Passung
Weil passive Kandidaten nicht unter Zeitdruck stehen, treffen sie eine Entscheidung bewusster. Sie wechseln nicht aus Notwendigkeit, sondern weil sie eine echte Weiterentwicklung sehen – das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sie langfristig ins Unternehmen passen.
Fazit: Der Fokus muss sich verschieben
Unternehmen, die passive Kandidaten gezielt ansprechen, verschaffen sich einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Doch diese Talente bewerben sich nicht von selbst – sie müssen überzeugt werden. Deshalb braucht es eine Recruiting-Strategie, die über klassische Stellenanzeigen hinausgeht und gezielte Ansprache mit überzeugendem Employer Branding verbindet.
5. Wie erreicht man passive Kandidaten?
Da passive Kandidaten nicht aktiv nach neuen Stellen suchen, lassen sie sich mit klassischen Jobanzeigen kaum erreichen. Sie müssen gezielt angesprochen und von einem Wechsel überzeugt werden. Dafür gibt es verschiedene Strategien:
1. Active Sourcing: Direktansprache statt Warten auf Bewerbungen
Active Sourcing bedeutet, dass Unternehmen und Recruiter potenzielle Kandidaten direkt ansprechen – zum Beispiel über Business-Netzwerke wie LinkedIn oder Xing. Durch eine personalisierte Kontaktaufnahme kann Interesse geweckt und ein Wechselprozess angestoßen werden. Wichtige Erfolgsfaktoren dabei sind:
- Eine individuelle Ansprache, die auf die Qualifikationen und Interessen des Kandidaten eingeht.
- Eine klare Kommunikation der Vorteile, die ein Jobwechsel mit sich bringt.
- Ein diskretes und professionelles Vorgehen, da passive Kandidaten sich in einer Festanstellung befinden.
2. Social Recruiting: Recruiting über soziale Netzwerke
Viele passive Kandidaten sind nicht auf Jobbörsen unterwegs, aber auf Social Media aktiv. Plattformen wie Instagram, Facebook und TikTok bieten enormes Potenzial, um Talente zu erreichen – besonders durch gezielte Werbeanzeigen, die genau die passende Zielgruppe ansprechen. Erfolgsfaktoren:
- Ansprechende Inhalte, die das Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber präsentieren.
- Gezieltes Targeting, um Fachkräfte mit bestimmten Qualifikationen anzusprechen.
- Niedrigschwellige Kontaktmöglichkeiten, damit Interessierte unverbindlich mehr erfahren können.
3. Employer Branding: Ein attraktiver Arbeitgeber werden
Passive Kandidaten lassen sich nicht durch eine einzelne Nachricht überzeugen – sie müssen ein Unternehmen als potenziellen Arbeitgeber wahrnehmen und ihm langfristig Vertrauen entgegenbringen. Hier kommt Employer Branding ins Spiel:
- Authentische Einblicke in den Arbeitsalltag, z. B. durch Mitarbeiter-Testimonials oder Behind-the-Scenes-Inhalte.
- Attraktive Benefits und Entwicklungsmöglichkeiten, die den Unterschied zu anderen Arbeitgebern klar machen.
- Eine starke Präsenz in relevanten Netzwerken, sodass passive Kandidaten regelmäßig mit der Arbeitgebermarke in Berührung kommen.
4. Empfehlungsprogramme und Talent Pools nutzen
Bestehende Mitarbeiter sind oft die besten Botschafter für neue Talente. Unternehmen können Mitarbeiterempfehlungsprogramme nutzen, um qualifizierte Fachkräfte aus dem erweiterten Netzwerk ihrer Belegschaft zu gewinnen. Zusätzlich kann ein Talent Pool aufgebaut werden, in dem interessante Kandidaten aufgenommen und zu einem späteren Zeitpunkt gezielt angesprochen werden.
Fazit: Recruiting muss proaktiv sein
Passive Kandidaten erwarten keine klassischen Bewerbungsprozesse – sie müssen angesprochen, überzeugt und für neue Möglichkeiten begeistert werden. Unternehmen, die Active Sourcing, Social Recruiting und Employer Branding kombinieren, haben die besten Chancen, diese Talente zu gewinnen und sich einen entscheidenden Vorsprung im Fachkräftemarkt zu sichern.
6. Fazit: Recruiting muss sich anpassen
Der Arbeitsmarkt hat sich verändert – und mit ihm die Anforderungen an ein erfolgreiches Recruiting. Unternehmen, die sich ausschließlich auf aktive Bewerber verlassen, schöpfen ihr Potenzial nicht aus. Passive Kandidaten machen den Großteil des Talentpools aus, doch sie lassen sich nicht mit klassischen Stellenanzeigen erreichen.
Um diese Talente zu gewinnen, braucht es einen proaktiven Ansatz, der über das bloße Schalten von Jobanzeigen hinausgeht. Gezielte Direktansprache, Social Recruiting und ein starkes Employer Branding sind entscheidende Erfolgsfaktoren. Unternehmen, die diese Strategien gezielt einsetzen, profitieren von:
✅ Höherer Reichweite und Sichtbarkeit bei qualifizierten Fachkräften
✅ Weniger Konkurrenz um talentierte Mitarbeiter
✅ Langfristig erfolgreicherer Personalgewinnung und -bindung
Die Zeiten des passiven Wartens auf Bewerbungen sind vorbei. Unternehmen müssen sichtbar, ansprechend und aktiv werden, um auch die besten Talente für sich zu gewinnen.